Wo wir gerade von Müller sprechen, ich las gerade einen alten Hammer und habe wieder ein Review gefunden, dass noch den guten alten Vibe trägt - informativ, unterhaltsam und knackig. Robert, I miss you - du wärst wohl der einzige Grund, heute noch den Hammer zu lesen (vorausgesetzt du bist nicht alt und satt geworden =)
Aus diesem Anlass hier das Review für Nostalgiker oder jene, die diese Zeit nicht mit dem Hammer verbracht haben:
Metal Hammer Januar 1999
V.A. - Darkness
Special Tip des Monats
Eigentlich spricht alles gegen diese Compilation. Das Cover sieht eher bescheiden aus, der Untertitel "Best of Wave & Independent" ziert so ungefähr jeden dritten Sampler, der auf meinem Tisch landet. Aber dann habe ich die Reaktionen einiger bewährter Gothic-Kumpels bemerkt, und das gab mir zu denken. Da war alles drin: das blanke Grauen, die nostalgischen Erinnerungen an Abende in der Schwarzdisse, die mit kontemplativer Betrachtung der Schuhspitzen verbracht wurden, die romantischen Gedanken an verführte Frauen zu Kerzenlicht und "genau diesem gottverdammten Song". Die Jungs würden diese Doppel-CD natürlich nicht mit der Feuerzange anfassen, denn erstens haben sie die Originale eh alle zuhause, und zweitens haben sie ihre Turmfrisuren schon längst abrasiert und philosophieren heute über "Wie scheiße ist Leonardo Di Caprio wirklich?" und Windows NT versus Linux als Serverbetriebssystem.
Aber (ein großes Aber, was das betrifft): Die Metal-Komune hat das gotische Treiben erst in den vergangen Jahren so richtig für sich entdeckt - von Paradise Lost über Theatre of Tragedy bis hin zu Crematory fliegen Querverweise auf die Heroen der Achtziger durch die Interviews, und irgendwann wollt ihr euch vielleicht, wenn nicht die Turmfrisur erst kürzlich zur Matte degeneriert ist, auch mal schlau machen, wie der Kram denn im Original geklungen hat. In diesem Moment schlägt die Stunde von DARKNESS. Theoretisch könnte auch jede andere "Best of Wave & Independent"-Platte (mir graust es alleine schon vor diesen Worten...) nützlich sein, aber die meisten dieser Teile sind B-Liga-Material, mit ein paar großen Namen aufgepeppt und zusätzlich mit einigen Zuspätgekommenen aus dem Fundus der veröffentlichen Plattenfirma "veredelt". Auf DARKNESS aber ist - soweit das auf zwei CDs möglich ist - ALLES drauf. Alleine die ersten fünf Songs definieren das Genre Gothic Rock: Sisters of Mercys "Black Planet", "Spiritwalker" von The Cult (hach, diese Pelzmützen...), "Love Like Blood" von Killing Joke (okay, das ist 'Wave'), "Wasteland" von The Mission und "Moonchild" von den Mehlsäcken Fields of the Nephilim.
Die Electro-Tanzfraktion glänzt mit Front Line Assembly ("No Limit"), Invincible Spirit ("Push"), No More ("Suicide Commando") oder Nitzer Ebb ("Let Your Body Learn"), Industrial ist vertreten in Form von Ministry, den Krupps und Marilyn Manson. Außerdem u.a.: Love Like Blood, Project Pitchfork, Deine Lakaien, Cabaret Voltaire, Lacrimosa, The Jesus and Mary Chain, New Model Army, Psyche und Wolfsheim. Die paar stilistischen Ausrutscher wie - bei allem Respekt - Phillip Boa oder die Pixies nimmt man gerne in Kauf, denn wenn es eine CD sein soll, die einen raschen, aber umfassenden Überblick über die Vorgänge in den etwas schattigeren Ecken der Musikgeschichte der Achtziger gibt, dann ist DARKNESS zur Zeit die erste Wahl. 'Nuff said.
ROBERT MÜLLER

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