Friday, September 6, 2019

Epic drum performances, Teil eins

Clive Burr auf "Killers" (Iron Maiden, 1981)

Meiner Meinung nach ist Burr der eigentliche Grund dafür, dass die "jungen Maiden" so anders klingen, so sehr unterscheidet sich sein Stil von Nico McBrain.

Clive rockt, aber viel mehr noch swingt er, schleicht um den Song herum ('wrathchild'), benutzt die Cymbals fast schon zärtlich, kreiert aber mit seinen "Drums of Doom" aber auch wohlig-bedrohlichen Groove ('another life', 'drifter'). Ich kenne keinen anderen Drummer, der fast schon leichtfüßigen Swing so gut mit Heavy Rhythms kombiniert.

Tony Laureano auf "In Their Darkened Shrines" (Nile, 2002)

Ja bist du deppat. Laureano ist wirklich nicht der einzige Extremmetall-Trommler, der komplett verrückte Doublebass-Sachen anstellt, aber er ist einer der wenigen, die bei mir Euphorie und Airdrums auslösen. Es ist bei allem Wahnsinn irgendwas "Rundes" in seinem Spiel, etwas Ganzheitliches. Es ist sagenhaft abwechslungsreich, aber nie unfertig.

Ich liebe es, dass er die Cymbals sehr oft benutzt. Sie akzentuieren den Schlagzeug-Malström, so als ob sie jeden einzelnen Schlag nochmal hervorheben wollen - hast du das gehört? Diesen Fill? Und den hier? Und das zurecht.

John Bonham auf "IV" (Led Zeppelin, 1971)

Jagut, keine besonders originelle Wahl. Ist eh nur der beste Drummer aller Zeiten.

Hier könnte im Grunde jedes Led Zep-Werk aufgelistet sein, vor allem auch "Houses of the Holy" (aber da ist Plants Stimme echt super anstrengend, und ich wollte nicht, dass ihr da reinhört und es nicht mögt. Den Fehler habe ich schon bei meiner Frau gemacht).

Weitere Worte zu Bonhams Genie und seinem Einfluss auf die Rock-Musik zu verlieren, ist vielleicht müßig, so oft wurde sowas schon von anderen geschrieben. Die Art, wie er das Spiel leicht verschleppt, neben dem Beat ist ('black dog'), geradlinigere Songs mit kleinen Tricks spannend macht ('misty mountain hop') - all das macht die Musik Led Zeppellins dynamischer, interessanter, lebendiger, ja, besser. Vielleicht wären sie sonst einfach nur eine Rock-Band gewesen.

Nick Menza auf "Rust in Peace" (Megadeth, 1990)

"Rust in Peace" ist, wie viele Mustaine-Platten, natürlich ein ziemliches Gitarrenalbum. Es ist vertrackt, überkandidelt und durch Mustaines Gesang (oder das, was er dafür hält) auch eher kauzig und schwer zu erfassen.

Deshalb kann es eine Weile dauern, bis man sich zum Schlagzeug durchgearbeitet hat, aber wenn man erst mal dort ist, hört man dem Lockenkopf erst mal eine weitere Ewigkeit zu und wundert sich, dass einem das alles nicht schon früher aufgefallen ist. Er spielt unglaublich kraftvoll, gefühlvoll, anspruchsvoll. Wenn der Song es benötigt holzt er filigran durch die Botanik ('take no prisoners'), hebt die Melodien hoch in den Himmel ('hangar 18') oder hält mit verwickeltem Groove dagegen ('tornado of souls').

Dave Lombardo auf "South of Heaven" (Slayer, 1988)

Lombardos Drumming ist so einzigartig, dass Slayer ohne ihn eigentlich gar nicht wie Slayer klingen. Es ist so wahnsinnig präzise und in seiner Heaviness fast schon federleicht. Um mal wieder Cymbals zu erwähnen, sie sind ein wichtiger Bestandteil seines Signature-Sounds ('mandatory suicide', oder noch markanter in 'behind the crooked cross') und sorgen dafür, dass Lombardo so dermaßen groovt.

Verspielt ist sein Stil zu keinem Zeitpunkt, es ist eher so, dass er punktgenau einen Song fliegen lässt, der ohne ihn vielleicht nur gestampft hätte. Spätere Slayer-Alben ohne Lombardo sind der Beweis dafür.

Mario Rubalcaba auf "Rhythms from a Cosmic Sky" (Earthless, 2007)

Möglicherweise ist es bei dieser Art von unbändigem Space Rock für den Schlagzeuger einfacher, da er keinen "Hit" instrumentieren muss und sozusagen ausschweifendes Getrommel ja erwünscht sein sollte. Dann frage ich mich aber, warum niemand außer Rubalcaba es hinbekommt?

Er spielt energetische Grooves, bei denen man die Haare und den Schweiß förmlich fliegen sieht, baut coole Fills ein, gibt aber den Rhythmus niemals auf, unterstützt die wabernden Siebziger mit glasigem Geschleppe. Wer nach ein paar Minuten Rubalcaba nicht bereits im Cosmic Sky schwebt, sollte sich vielleicht ein anderes Musikgenre suchen.

Proscriptor McGovern auf "Sphynx" (Melechesh, 2003)

Proscriptor ist natürlich der Gottkaiser. Ich mag es sehr, ihn bei Melechesh im heißen Wüstensand zu hören. Rasende Geschwindigkeiten kommen einem Sandsturm gleich ('annukaki's golden thrones'), die Rhythmen rollen ('of mercury and mercury'), tanzen ('tablets of fate'), klettern auf Felsen ('abkallu counsel'), galoppieren auf schwarzen Pferden ('secrets of sumerian sphynxology'), glitzern am Firmament ('caravans to ur'), stoppt mich, ich kann nicht aufhören!

Proscriptor kann alles, und macht auch alles (aber glücklicherweise nicht im gleichen Song). Seine Art zu grooven passt so gut zu diesem Album, dass man eigentlich gar nicht fassen kann, dass er kein unersetzbares Bandmitglied wurde.

Michael Kadnar auf "Aeon Unveils the Thrones of Decay" (Downfall of Gaia, 2014)

Kadnar ist ein absolutes Drum-Monster und verleiht diesem Post-Metal-Kreisch-Schinken eine in diesem Genre ungekannte Variabilität.

Die Fills sind unglaublich kreativ und er beherrscht atmosphärische Variationen ('whispers of aeon'), bleibt aber dabei absolut im schönen Rahmen der Aufgabe und wird nicht plötzlich "jazzig" oder so was (wie ich es hasse, wenn jemand unfokussiertes, unpassendes Schlagzeugspiel so nennt). Das heißt, er drischt ordentlich auf das Kit ein, macht das aber so spannend und angenehm vertrackt, dass die ganze Platte enorm aufgewertet wird.

Lee Morris auf "Draconian Times" (Paradise Lost, 1995)

So sehr ich auch alte Paradise Lost mag, aber es ist schon ohrenscheinlich, welch Gewinn Lee Morris bei seinem Einstieg gewesen ist, spielte er doch viel spannender und akzentuierter als Vorgänger Matthew Archer, dessen geradliniges Getrommel vielleicht auf "Gothic" noch passte, spätestens ab dann aber möglicherweise ein bisschen wenig geboten hat. (Schlecht war Archer nicht, nur um das mal deutlich hinzuschreiben).

"Draconian Times" hat, so glaube ich heute, meine Liebe zu den Toms entfacht. Dieses perkussive Umrühren, diese rollenden Grooves, das hat mich begeistert. Es ist jetzt natürlich nicht so, dass Morris die Toms über Gebühr benutzt, aber ich mag es sehr, wie sie vor allem in den Fills klingen und eingesetzt werden ('elusive cure', um nur ein Beispiel zu nennen). Mit ihm klingt die Band erwachsener, kunstvoller. Mit ihm klingt sie endlich so, wie die Albumcover aussehen.

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